Liebe Freundinnen und Freunde der Digitalen Gesellschaft,
Horst Seehofer forderte in den letzten Tagen die Einführung von
Videoüberwachung mit automatischer Gesichtserkennung an einer Vielzahl
von Bahnhöfen und Flughäfen - wir fordern im Bündnis mit Digitale
Freiheit, dem CCC, FifF und Digitalcourage ein Verbot von automatischer
Gesichtserkennung durch staatliche Stellen im öffentlichen Raum.
Lest unten unsere Pressemitteilung dazu von heute und besucht die
Bündniswebsite
https://gesichtserkennung-stoppen.de/.
Viele Grüße aus der Geschäftsstelle
Elisabeth
Pressemitteilung: Aktuelle Pläne des Innenministeriums müssen gestoppt
werden – Bündnis fordert Verbot automatisierter Gesichtserkennung
Ein Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen wendet sich gegen
den Vorstoß des Innenministeriums, an 135 Bahnhöfen und 14 Flughäfen
automatisierte Gesichtserkennung einsetzen zu wollen. Stattdessen
fordert das Bündnis „Gesichtserkennung stoppen“ ein Verbot dieser
hochproblematischen Technologie in Deutschland. Auch wenn eine
Verbesserung der Sicherheit etwa an Bahnhöfen grundsätzlich sinnvoll
erscheint, ist automatisierte Gesichtserkennung als Mittel dafür nicht
nur ungeeignet, sondern hat immense negative Folgen für Millionen
Passanten und Reisende.
Automatisierte Gesichtserkennung bedeutet eine permanente heimliche
Personenüberwachung in öffentlichen Räumen wie Bahnhöfen oder Flughäfen.
Die Körperdaten aller Vorbeilaufenden werden dabei erfasst und
automatisiert mit Datenbanken abgeglichen, ohne dass die Betroffenen
dies bemerken müssen. Damit greift die automatisierte Gesichtserkennung
tief in die Rechte und Freiheiten von Menschen ein, wenn biometrische
Körperdaten quasi im Vorbeigehen und anlasslos analysiert werden.
„Automatische Gesichtserkennung ist eine Hochrisikotechnologie“, erklärt
Viktor Schlüter von der Organisation Digitale Freiheit: „Hohe
Falscherkennungsraten, die Diskriminierung von Frauen und People of
Color und das enorme Missbrauchspotential stellen eine Gefahr für die
Demokratie dar.“
„Dieses unnötige und invasive Biometriesystem ist nur ein weiterer
Baustein, den maschinenlesbaren Menschen zu schaffen. Allein durch das
zufällige Vorbeilaufen legen wir mit unseren Körperdaten eine digitale
Spur, die uns alle auch wegen der Unzuverlässigkeit der eingesetzten
Algorithmen in unseren Rechten und Freiheiten einschränkt“, sagte Dirk
Engling, Sprecher des Chaos Computer Clubs.
„Die optische Vermessung von Gesichtern droht eine weitere Form der
anlasslosen Überwachung zu werden, nur diesmal mit detaillierten
Körperdaten“, fügt Rainer Rehak vom Forum InformatikerInnen für Frieden
und gesellschaftliche Verantwortung hinzu. „Wir müssen uns jetzt diesen
gefährlichen Plänen in den Weg stellen, bevor immer mehr öffentliche
Räume mit biometrischen Erkennungssystemen bestückt werden, die zudem
nicht einmal mehr Sicherheit bringen.“
„Der Einsatz dieser Technologie zur Überwachung des öffentlichen Raumes
schränkt auch politische Teilhabe ein: Wer fürchten muss, automatisch
erfasst zu werden, wird im Zweifel eher nicht an einer Demonstration
teilnehmen“, gibt Elisabeth Niekrenz von der Digitalen Gesellschaft zu
bedenken.
Im Lichte stetig sinkender Kriminalitätsraten in Deutschland besteht
nicht nur keinerlei Notwendigkeit für neue, teure und ineffiziente
Überwachungsmaßnahmen zur anlasslosen Erfassung von Körperdaten von
Reisenden, sondern ist es Zeit, ein Verbot dieser gesellschaftlich
schädlichen Technologie in die Wege zu leiten. Ein Verbot
automatisierter Gesichtserkennung in Deutschland hat bereits Vorbilder:
Mehrere US-amerikanische Großstädte haben den Einsatz der Technologie
durch staatliche Stellen im öffentlichen Raum aufgrund der damit
verbundenen Gefahren verboten. Der Stadtrat von San Francisco etwa
bezeichnete automatisierte Gesichtserkennung als „gefährliche Waffe“
sowie als inkompatibel mit einer gesunden Demokratie und verbot ihren
Einsatz. [3]
Dass die teure Technik überhaupt einsatzreif ist und den erhofften Zweck
erfüllt, ist zudem zweifelhaft: In einem Gesichtserkennungstest von
Innenministerium und Bundespolizei im Jahr 2018 in Berlin war die
Falscherkennungsrate so hoch, dass mehr als jede 200. Person
fälschlicherweise erkannt wurde. Dies würde allein am getesteten
Berliner Bahnhof Südkreuz zu täglich 600 Fehlalarmen führen. Der Chaos
Computer Club [0] und das Forum InformatikerInnen für Frieden und
gesellschaftliche Verantwortung [1] kritisierten die unwissenschaftliche
Vorgehensweise und Auswertung der Tests sowie die deutlich geschönten
Testergebnisse.
Das Bündnis „Gesichtserkennung stoppen“ [2] besteht aus den
zivilgesellschaftlichen Organisationen Digitale Freiheit, Chaos Computer
Club, Digitale Gesellschaft, Forum InformatikerInnen für Frieden und
gesellschaftliche Verantwortung sowie Digitalcourage.
Verweise:
[0] Biometrische Videoüberwachung: Der Südkreuz-Versuch war kein
Erfolg,
https://www.ccc.de/de/updates/2018/debakel-am-suedkreuz
[1] Verfälschte Studie zur Tauglichkeit grundrechtswidriger
Techniken,
https://www.fiff.de/verfaelschte-studie-zur-tauglichkeit-grundrechtswidrige…
[2] Webauftritt des Bündnisses,
https://www.gesichtserkennung-stoppen.de/
[3] San Francisco Approves Ban On Government's Use Of Facial
Recognition Technology,
https://www.npr.org/2019/05/14/723193785/san-francisco-considers-ban-on-gov…
Pressekontakte:
Digitale Freiheit
mail(a)digitale-freiheit.jetzt
Digitale Gesellschaft e.V.
presse(a)digitalegesellschaft.de
030 450 840 18
Link zu dieser Pressemitteilung:
https://digitalegesellschaft.de/2020/01/pressemitteilung-aktuelle-plaene-de…
--
Elisabeth Niekrenz
Politische Referentin
Digitale Gesellschaft e.V.
Groninger Straße 7
13347 Berlin
digitalegesellschaft.de
@digiges
030 450 840 18
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